Daniel Barenboim: Meister der Kommunikation

vonSolveig Grundler
am7. Dezember 2016

Als Dialoggestalter und Kommunikationsexperten werden wir immer wieder gefragt, wie Kommunikation gelingen kann, wie man Zuhörer, Mitarbeiter, Vorgesetzte, wütende Bürger, aufgebrachte Nachbarn erreichen kann. Der argentinische Pianist und Generalmusikdirektor der Berliner Oper unter den Linden Daniel Barenboim hat es mit seinem Schubert-Abend am Montag in der Philharmonie in München vorgemacht: So habe ich die Schubert-Sonaten noch nie gehört, so klar, so fokussiert auf den Punkt, so zurückhaltend wuchtig, so unangestrengt eindringlich. Der Klarheit der Aussage, der schnörkellosen Konzentration auf das Wesentliche konnte sich niemand entziehen.

Und so paradox es klingt: Grund für die enorme Kraft, die aus seinem Spiel strömte war die bedingungslose  Zurücknahme der eigenen Person, die Hintanstellung des eigenen Egos – teilweise wirkte es, als würde die Musik durch den 75jährigen hindurch aus ihm herausfließen, als wäre er nur noch ein Medium. Keine Attitüde irritierte, keine Eitelkeit versperrte den direkten Weg in die Herzen der Zuhörer. Die technische Brillanz, die Perfektion des Spiels, die meisterliche Schattierung kleinster Phrasen und Passagen flößten tiefen Respekt ein und untermauerten seine künstlerische Autorität. Dabei störten kleine Noten-Patzer keineswegs, sondern machten im Gegenteil hör- und spürbar, dass hier keine hochgetunte Maschine am Werk ist, sondern ein Mensch. Ein großartiger Abend und der lebendige Beweis für eine der Kernaussagen des Kommunikationswissenschaftlers Friedemann Schulz-von-Thun: „Die innere Klarheit ist die Grundlage der menschlichen Souveränität“. Souveräner, menschlicher, klarer als Barenboim am Montag kann man seine Position nicht vertreten.

Den Nahost-Konflikt konnte Daniel Barenboim trotz seiner Haltung und beeindruckenden Auftritte bislang nicht lösen. Aber die Gründung des West-Eastern-Divan Orchestra 1999, in dem junge israelische und palästinensische Musiker Seite an Seite musizieren, ist sein weltweit beachtetes Statement auf das nicht enden wollende Leid: die Erkenntnis, dass nur respektvolle Begegnung auf Augenhöhe Verständnis für die jeweils andere Seite ermöglichen. Nur das kann der Weg sein…

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